#4 Mein Wahlkampftagebuch

Der erste Gegenwind?

von Fabian Degen (6. Mai 2022)

 

Es ist bereits einige Tage her, dass ich den letzten Beitrag in dieser Rubrik verfassen konnte. Tatsächlich merke ich gerade, wie schwierig es ist meine zeitlichen Ressourcen zwischen der Familie, dem Beruf, dem Parteiamt und meiner Kandidatur aufzuteilen. Nicht immer klappt alles so wie man es sich vorstellt. Nun ist es aber an der Zeit hier erneut zu berichten, was ich in den vergangenen Tagen erlebt habe und was sich aktuell in meinem Kopf abspielt.

Wir alle befinden uns aktuell in Zeiten, die irgendwie surreal anmuten. Die Covid-Pandemie ist scheinbar plötzlich verschwunden, in der Ukraine tobt ein schrecklicher, völkerrechtswidriger Krieg, viele Menschen haben Existenzängste durch steigende Energiepreise und Lebenshaltungskosten. Gleichzeitig eröffnen wir in Goslar unser neues Welterbezentrum, feiern Walpurgis und nehmen an den ersten großen Aktionen zum Stadtjubiläum teil. Es gab schon die eine oder andere Situation in der meine Gedanken zu den Menschen in der Ukraine gewandert sind und ich mich gefragt habe, ob es alles so richtig ist. Aber natürlich muss das Leben weitergehen und wir brauchen auch alle die Ablenkung und einige positive Gedanken, um (gerade nach den beiden letzten Jahren) durch diese Zeiten zu kommen.

Sehr gefreut habe ich mich, dass kurz vor Ostern der Entwurf unseres Landtagswahlprogramms versendet wurde. Ein 150 Seiten umfassendes Werk, dass mir von seinen Inhalten her schon sehr gut gefällt. Natürlich wird es nicht in der derzeitigen Form bleiben. Es beginnen nun erstmal die parteiinternen Diskussionen. Im Juni werden wir dann auf einem Parteitag in Wolfenbüttel über Änderungsanträge diskutieren und entscheiden. Somit ist es nun endlich möglich, dass Inhalte mehr und mehr in den Fokus rücken. Ich befinde mich bereits mit mehreren Personen im aktiven Austausch und bereite selbst Änderungsanträge vor. Ich möchte damit einen Beitrag leisten, um in einigen Bereichen eine Nachschärfung vorzunehmen und auch meine Expertise einzubringen.

Zum Beispiel der Bereich der Förderpolitik ist ein großes persönliches Anliegen. Ich möchte, dass die Beantragung, aber ebenso die Bewirtschaftung von Fördermitteln deutlich vereinfacht wird. Gerade für den Kulturbereich, mit vielen ehrenamtlich tätigen Akteuren wäre dies eine große Erleichterung. Ich kann mir dabei gut vorstellen, dass die Verwendung von Pauschalen für Sachmittel eine gangbarer Weg zur Vereinfachung wäre. Allerdings stellt dies nur einen Bereich von vielen dar. Sobald es hier konkretere Fortschritte gibt, werde ich natürlich darüber berichten.

Was mich nach wie vor nachdenklich stimmt, ist die Richtung die einzelne Debatten in jüngster Zeit nehmen. Zu meinem Standpunkt bezüglich des Krieges in der Ukraine und damit verbundenen Waffenlieferungen habe ich mich bereits an anderer Stelle geäußert. Ich selbst entstamme nicht der Friedensbewegung, auch habe ich mich nie als Pazifisten bezeichnet. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass ich ein Kriegstreiber bin und nicht auch möchte, dass das Leid der Menschen schnellstmöglich beendet wird. Zwischen den beiden Extremen gibt es ja noch viel mehr Raum. Leider entwickelt sich auch diese Diskussion hin zu einer Polarisierung, in der beide Seiten die absolute Wahrheit für sich proklamieren. Eine ausgesprochen schwierige Situation und ich weiß momentan auch keine Lösung dafür, die alle Seiten befriedigen könnte. Allerdings nehme ich vermehrt war, dass diese Diskussion in andere Bereiche getragen wird, die eigentlich davon frei bleiben sollten. Nehmen wir den Tag der Arbeit am 1. Mai. Ich finde es grundsätzlich richtig, dass jede Gelegenheit genutzt wird, um für Frieden einzustehen und die Solidarität mit den Opfern zu bekunden! Ich denke aber auch, dass eine Grundsatzdiskussion an diesem Tag in die verkehrte Richtung läuft. Hier sollte es doch viel eher darum gehen, dass wir zusammenstehen und für faire Löhne, gute Arbeitsverhältnisse, die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf streiten. Dafür steht der 1. Mai. Ich mochte es noch nie, wenn Politiker an diesem Tag die Fahne schwenken und schöne Fotos bei einer Demo machen, dafür aber noch nie den Anmeldebogen für eine Gewerkschaft in der Hand gehalten haben. Ich habe als Gewerkschaftsmitglied und ehemaliger Personalratsvorsitzender einer Hochschule recht genaue Vorstellungen davon, welche Themen für die Kolleginnen und Kollegen relevant sind und was in unserer Arbeitswelt falsch läuft. Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte sind aber nur dann stark, wenn sie gemeinsam agieren und geschlossen auftreten. Es ist daher hoch gefährlich, wenn andere (auch durchaus wichtige Diskussionen) hier eingetragen werden. Da sollte wirklich eine klare Trennlinie gezogen werden.

Bleibt fair!



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