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von Fabian Degen (8. März 2022)
Allen die erwarten, dass die nächsten Zeilen konkrete Inhalte zur Landtagswahl enthalten, sei gesagt, dass sich ein Weiterlesen für sie nicht lohnt. Die Geschehnisse der letzten Tage haben in mir eine Vielzahl von Gefühlen ausgelöst, die ich einfach versuche, hier zu verarbeiten und dabei vielleicht auch den einen oder anderen Einblick in mein Denken gebe. Natürlich geht es um den Krieg in der Ukraine, aber auch um die Frage wie wir damit umgehen und natürlich auch mit den Folgen. Ich will dabei gar nicht auf den Krieg als solches eingehen. Ich denke, dass sich daran bereits genügend Expert*innen jeden Tag aufs Neue versuchen. Vorgestern lass ich einen Kommentar auf Twitter, dass es uns gelungen ist in kürzester Zeit 80 Millionen Virologen zu Ukraine- und Putinexpert*innen umzuschulen. Kann man drüber schmunzeln, hat aber irgendwo auch einen wahren Kern.
In den vergangenen Tagen konnte man in unserem Land eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft spüren, die beispiellos ist. Ich bin stolz und dankbar für die vielen engagierten Menschen, die Versuchen ihren Beitrag zu leisten, egal ob groß oder klein. Jedoch nehme ich auch Stimmen wahr, die mich zumindest irritieren. Ich versuche einige Beispiele zu geben, ohne mich zu sehr in Details zu verstricken. Gestern habe ich in der Stadt zufällig das Gespräch zweier junger Schülerinnen aufgeschnappt, die sich recht lautstark über eine russische Mitschülerin äußerten. Man könne doch auf keinen Fall mit ihr zusammen an der Gruppenarbeit teilnehmen, so die Aussage. Leider passt ein solches Gespräch zu anderen Meldungen, die wir in den Medien über Anfeindungen gegenüber russischstämmigen Mitbürger*innen verzeichnen müssen. Für mich ist ein solches Verhalten absolut verkehrt! Wir bekommen doch alle mit, dass die Stimmung in weiten Teilen der russischen Bevölkerung durchaus gegen den Krieg ist. Falls sie davon weiß. Fehlinformationen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Unterdrückung unabhängiger Medien scheinen an der Tagesordnung zu sein. Wir dürfen hier nicht den Fehler begehen, Toleranz mit der Ukraine dadurch zu zeigen, dass wir Intoleranz gegenüber russischen Mitbürger*innen walten lassen. Nur am Rande möchte ich auch erwähnen, wie sehr es mich betroffen macht, wenn ich selbsternannte „Freiheitskämpfer“ sehe, die bereits monatelang hier auf die Straße gehen und unter dem Schutz von Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit skandieren, dass man hier ja nichts mehr sagen dürfe. Bitte schaut doch einmal nach Russland… Seht euch an, wie es aussieht, wenn die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wird und was die Menschen dort ertragen müssen, wenn sie eine andere Auffassung als ihr Staat vertreten. Diese Blindheit kann mich manchmal wütend machen.
Mir stellt sich aber auch die Frage, wie lange wir die insgesamt spürbare Solidarität werden aufrechterhalten können. In den letzten Tagen haben ich große Unterstützung für den Kurs der Bundesregierung, der EU, der G7 und vieler weiterer Staaten spüren können. Die Sanktionen gegen Russland wurden vehement gefordert und vielen konnte es dabei nicht schnell- und weitgenug gehen. Nun spüren wir aber deren Auswirkungen am eigenen Geldbeutel. Ich bin selbst Berufspendler und durfte diese Woche schon den Liter Super für 2,05€ tanken. Natürlich macht einem diese Entwicklung Angst. Die Energiepreise ziehen momentan in einer beängstigenden Art und Weise an, die für viele von uns mindestens mal teuer, möglicherweise existenzbedrohend ist. Schnell werden nun Rufe nach staatlicher Unterstützung laut. Bisher beschlossene Pakete zur Entlastung der Bürger*innen gingen nicht weit genug oder wirken zu spät. Der Staat hat aber gerade erst angekündigt 100 Mrd. € in die Aufrüstung der Bundeswehr zu stecken. Geld, das auch irgendwo herkommen muss. Geld, das uns an anderer Stelle sicherlich fehlen wird. Nun lese ich hämische Kommentare, die z. B. aktuelle Energiepreise mir Respektsbekundungen an unsere Regierung verbinden. Das finde ich sehr schwierig. Vielleicht wurde es aber auch nicht in der notwendigen Deutlichkeit kommuniziert. Wir wollten diesen Krieg vor unserer Haustür nicht haben, müssen nun aber damit umgehen. Die Alternative wäre tatenlos danebenzustehen und dem Treiben eines Vladimir Putin zuzusehen. Mir persönlich gefällt unser eingeschlagener Weg deutlich besser, wenn ich auch ganz klar feststellen möchte, dass ich diesen Konflikt insgesamt verurteile.
Ich bin auch davon überzeugt, dass unsere Regierung alles in ihrer Macht Stehende versucht, um die Belastungen für uns alle so gering wie nur möglich zu halten. Natürlich wäre es wesentlich einfacher, wenn wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien bereits ein gutes Stück weiter wären. Auch hier sei gesagt, dass ein kurzfristiges Zurück zur Atomkraft der falsche Weg wäre. Es ist gerade die Abhängigkeit von russischem Gas und Erdöl, die uns die momentanen Preise beschert. Auch das Geld für die Aufrüstung sehe ich leider als notwendig an, hätte mir aber gewünscht, dass Beschaffungswesen und Projektmanagement in den vergangenen Jahren so funktioniert hätten, dass wir diesen schlechten Zustand gar nicht hätten. Leider drängt sich der Gedanke auf, dass die Bundeswehr zwischenzeitlich mehr Unternehmensberater als fahrtüchtige Panzer hatte. Dabei handelt es sich aber um die Versäumnisse der letzten 16 Jahre. Die Fehler der Vergangenheit nun komplett einer Regierung anzulasten, die in dieser Konstellation erst wenige Monate im Amt ist, halte ich für unfair.
Klar ist aber auch, dass wir noch weitere schwere Wochen, vermutlich sogar Monate vor uns haben werden. Eine Zeit in der mehr und mehr Flüchtlinge zu uns kommen werden, während wir selbst vor Problemen stehen und möglicherweise um unsere Existenzen bangen.
Lasst uns trotzdem zusammenstehen und uns solidarisch mit denen zeigen, die noch schlechter dran sind als wir.
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